Der Frühling steht vor der Tür: Grund genug, endlich nach draußen zu gehen und die ersten Sonnenstrahlen zu genießen – oder? Leider hat die erste wärmere Jahreszeit nämlich auch ihre Schattenseiten. Denn während in dunklen Tagen einige unter Winterdepressionen leiden, verbreitet sich ein wenig später die Frühjahrsmüdigkeit. Was ist das genau? Und wie kann man ihr Herr werden? Ich erkläre Ihnen, was man gemeinhin unter Frühjahrsmüdigkeit versteht und erkläre Ihnen, was Sie dagegen tun können.
Ein noch unerforschtes Phänomen
Eigentlich sollte man ja, wenn es langsam wieder draußen grün wird, richtig aktiv werden: Schließlich laden Parks wieder zum Spaziergang ein, das Haus will pünktlich zum Ende der Heizperiode auf Vordermann gebracht werden und so langsam kann man auch die Abende wieder im Freien genießen. Doch leider wird der Elan bei vielen gebremst: Sobald der Winter seinen Abschied ankündigt, fühlen sich viele Menschen nämlich auf einmal müde, träge, motivationslos und manchmal sogar schwermütig.
Dafür hat sich der Begriff “Frühjahrsmüdigkeit” etabliert. Dies ist keine anerkannte Krankheit, sondern eher eine Bezeichnung für ein Phänomen, das nun einmal sehr viele betrifft. Und erstaunlicherweise wissen wir ziemlich wenig darüber. Denn während Winterdepressionen ausgiebig erforscht werden (und im Englischen sogar den Namen “Seasonal Affective Disorder” bekommen haben), fehlen zur Frühlingsträgheit belastbare Studien.
Es gibt jedoch Hypothesen, warum es dazu kommt:
- Zum einen wird oft davon ausgegangen, dass eine aus dem Takt geratene innere Uhr zur Müdigkeit beiträgt. Denn nach dem Winter mit seinen langen Nächten ist es gar nicht so einfach, seinen Tagesrhythmus wieder anzupassen. Die Zeitumstellung im März, in dem wir effektiv eine Stunde Schlaf verlieren, trägt weiter dazu bei. Denn jede Umstellung im Biorhythmus stellt den Körper vor neue Herausforderungen – man ermüdet dann schneller.
- Diese Herausforderungen spiegeln sich dann auch im Hormonhaushalt wieder: Während des Winters mangelt es dem Körper oft an Nachschub des “Glückshormons” Serotonin – ein Umstand, der auch zu den oft erwähnten Winterdepressionen führt. Um dem entgegenzusteuern, wird nahezu der gesamte Serotoninvorrat aufgebraucht – das mit ihm verwandte auch als “Schlafhormon” bezeichnete Melatonin dominiert dann. Am Ende des Winters ist der Körper dann hormonell so ausgezehrt, dass er nur noch schlafen möchte – die Frühjahrsmüdigkeit ist dementsprechend eine Nachwirkung des Winters.
- Auch der Wetterumschwung spielt eine Rolle: Im Frühling schwanken die Temperaturen nämlich doch ziemlich stark. Und dies kann nicht nur zu Erkältungen führen: Bei wärmerem Wetter sinkt nämlich der Blutdruck, während er bei kälteren Temperaturen steigt. Da man sich bei niedrigem Blutdruck müder und schlapper fühlt als bei normalem, fühlt man sich dann bei vermeintlich schönen Frühjahrstagen träge.
- Wärmere Temperaturen tragen zudem zu einem höheren Flüssigkeitsbedarf bei. Ist der Körper nicht ausreichend hydriert, fährt er sozusagen in den Sparmodus.
- Wenn man sich, wie in der kalten Jahreszeit üblich, viel in geschlossenen Räumen aufhält, ist die Sauerstoffzufuhr eingeschränkt. Da in der Übergangszeit zwischen Winter und Frühjahr die Fenster nur selten geöffnet werden, kann die dadurch entstehende stickige Luft zu Müdigkeit führen.
- Aber auch die richtigen Nährstoffe und Mineralien können unter Umständen wichtig sein: Da es im Winter nicht nur weniger frische Nahrungsquellen wie Obst und Gemüse gibt, sondern viele auch nicht so sehr auf die Nährstoffe achten, entstehen manchmal Unterernährungserscheinungen. Besonders Eisenmangel tritt dann auf den Plan – ein medizinisches Krankheitsbild, das bei chronischer Unterversorgung behandelt werden sollte, aber leider oftmals mit Frühjahrsmüdigkeit in einen Topf geworfen wird.
Diese Faktoren sollen also bei Frühjahrsmüdigkeit eine große Rolle spielen. Und obwohl das Gesamtbild noch nicht ganz klar ist, kann man hier ansetzen. Denn es gibt doch einige Strategien und Möglichkeiten, dem ganz unpassend kommenden Trägheitsgefühl entgegenzuwirken.
1. Für einen ausgeglichenen Hormonhaushalt: Viel Sonne
Es mag vielleicht etwas Überwindung kosten, wenn es Ihnen nicht so gut geht, aber ein Gang in die pralle Sonne kann an warmen Frühlingstagen kann wirklich belebend wirken.
Denn UV-Strahlung ist ein wichtiger Faktor bei der Bildung von Vitamin D. Dieses wird zwar vom Körper eigenständig produziert, ist dabei aber in großem Maße von Sonnenlicht abhängig. Vitamin D, auch als Cholecalciferol bekannt, spielt eine wichtige Rolle bei hormonellen Vorgängen im Gehirn. So ist z.B. die Serotoninbildung stark von einer adäquaten Vitamin D Versorgung abhängig. Ein bisschen Zeit in der Sonne kann so dazu beitragen, den Serotoninspiegel zu steigern und gleichzeitig den müde machenden hohen Melatoninspiegel zu senken.
Ergänzend dazu kann es außerdem hilfreich sein, zusätzlich Vitamin D Präparate einzunehmen. Sollten Sie vermuten, unter starkem Vitamin D Mangel zu leiden, ist es im Übrigen sehr hilfreich, einen Arzt aufzusuchen. Anhand eines Blutbildes kann dieser Ihren Zustand genau bestimmen und dann eventuell notwendige Gegenmaßnahmen einleiten.
2. Auch im Frühling das A und O: Ein gesunder Tagesrhythmus
Sie wollen, wenn Sie sich müde fühlen, einfach nur im Bett bleiben? Das sollten Sie tunlichst sein lassen, denn so verschlechtern Sie Ihren Zustand nur. Gewiss ist ausreichender Schlaf – normalerweise werden etwa 8 Stunden als das Optimum angesehen – sehr wichtig für einen wachen und belebten Tag, doch zu viel Bettruhe kann dann auch wieder schädlich sein.
Denn ohne einen geregelten Tagesablauf werden Sie Ihre innere Uhr wohl kaum vernünftig stellen können. Auch wenn es schwerfällt: Versuchen Sie also, eine gewisse Routine in den Tag zu bekommen. Gehen Sie jeden Tag zur selben Zeit ins Bett, um dann am nächsten Morgen zu einer gleichbleibenden Uhrzeit zu erwachen.
Bestimmen Sie für sich feste Essenszeiten und nehmen Sie sich täglich auch genug Zeit für leichte körperliche Aktivitäten wie Spazierengehen. Dies wird für Sie wahrscheinlich – besonders, wenn ihre innere Uhr noch vom Winter geschunden ist – anfangs ein Problem sein. Jedoch stehen die Chancen gut, dass, wenn Sie Ihren Tagesrhythmus durchziehen, Ihre Müdigkeit von Tag zu Tag ein bisschen schwindet.
3. Das Gehirn mit Sauerstoff versorgen
Ein weiteres Problem, das oft zu Müdigkeit führt, ist Sauerstoffmangel. Denn wenn das Gehirn nicht ausreichend mit dem lebensnotwendigen Stoff versorgt wird, schaltet es sozusagen auf Sparflamme – so wird es schwieriger, sich zu konzentrieren, auch das Schlafbedürfnis ist dann erhöht.
Besonders wenn Sie sich schon müde fühlen, ist es daher wichtig, frische Luft zu bekommen. Dies bedeutet zunächst einmal, dass Sie zu Hause (und, mit Rücksicht auf die Kollegen, auch am Arbeitsplatz) wirklich regelmäßig gut lüften sollten.
Ansonsten hilft jede Minute im Freien. Gehen Sie also (am besten während der Mittagszeit, wenn viel Sonne scheint) regelmäßig spazieren. Wenn Sie die Möglichkeit haben, übers Wochenende einmal ins Grüne zu fahren, dann umso besser – denn schadstoffarme frische Luft ist natürlich optimal.
4. Durchblutung und Blutdruck fördern
Auch das Blut spielt eine wichtige Rolle. Nicht nur die Durchblutung ist dabei wichtig, sondern auch der Blutdruck.
Aufgrund der wechselnden Temperaturen kann es nämlich schnell passieren, dass der Blutdruck unausgeglichen ist: Wird es wärmer, ist er oft niedriger, als erhofft, bei kälteren Temperaturen steigt er wiederum. Deshalb kann es Sinn machen, je nach Frühlingsphase kleine Mittelchen einzunehmen, die den Blutdruck und damit auch das Wohlbefinden ausgleichen:
- Sobald es kälter wird, können Sie deshalb blutdrucksenkende Lebens- bzw. Hausmittel ausprobieren. Hierzu gehören u.a. grüner Tee (z.B. 3 Tassen täglich), Knoblauch (z.B. eine Zehe am Tag) oder auch natriumarmes Mineralwasser.
- Bei wärmeren Temperaturen kann es jedoch auch hilfreich sein, leicht blutdruckerhöhende Mittel einzunehmen, also z.B. Salz oder (Chili-)Pfeffer. Dabei sollten Sie allerdings auf Ihren gesundheitlichen Allgemeinzustand Rücksicht nehmen. Wenn Sie unter chronischer Hyper- oder Hypotonie (also zu hoher bzw. zu niedriger Blutdruck) leiden, dann ist es sehr ratsam, sich mit Ihrem behandelnden Arzt abzusprechen.
Bei leichten Durchblutungsstörungen, z.B. in Folge von zu wenig Sauerstoff im Winter, ist es zudem ratsam, etwas dafür zu tun, dass die Blutzirkulation wieder besser ausgeprägt wird. Neben Hausmitteln wie Knoblauch, Ingwer oder Kurkuma können auch Wechselduschen (morgens abwechselnd warm und kalt duschen) und gezielte Massagen, insbesondere mit Massageöl, hilfreich sein. So fühlen Sie sich wacher und können dann gezielter Aktivitäten ausüben.
Auch viel Flüssigkeit, also mindestens 2 bis 3 Liter täglich, hilft dabei, den Blutdruck zu stabilisieren und die Durchblutung zu steigern.
5. Den Stoffwechsel ankurbeln
Und wo wir schon bei Aktivitäten sind: Auch ein träger Stoffwechsel, verursacht z.B. durch falsche Ernährung, Bewegungslosigkeit im Winter oder Schlafmangel, kann müde machen. Es gilt also, den Metabolismus anzukurbeln – und dabei ist viel Bewegung unabdingbar.
Dabei gilt es natürlich, den inneren Schweinehund zu überwinden: Aber wenn Sie sich trotz Müdigkeit viel bewegen, also Spazierengehen und am besten auch noch ein wenig Joggen und Gymnastik betreiben, dann stehen die Chancen gut, dass Sie Ihren Körper angenehm beleben.
Bewegung allein hilft allerdings nur selten weiter. Deshalb sollten Sie außerdem auf eine Ernährung achten, die den Stoffwechsel zusätzlich auf Trab hält. Hier sind vor allem ungesättigte Fettsäuren wichtig: Diese wirken sich nicht nur positiv auf Herz und Kreislauf aus, sondern werden auch schnell wieder vom Körper verbrannt, so dass der Metabolismus stetig arbeitet. Diese Fettsäuren finden Sie beispielsweise in vielen Nüssen, Avocados, Fisch sowie in pflanzlichen Ölen wie Leinsamen-, Hanf-, Oliven- und Kokosöl.
Fazit
Wenn es wieder wärmer wird, kommen bei vielen leider keine Frühlingsgefühle auf. Im Gegenteil, sie fühlen sich dann auf einmal so schlapp, dass sie die Zeit kaum genießen können. Obwohl sich hierfür der Begriff Frühjahrsmüdigkeit etabliert hat, ist das Phänomen noch erstaunlich unerforscht. Es gibt jedoch viele Hinweise darauf, dass besonders Hormone, ein veränderter Biorhythmus und Temperaturschwankungen für die oft verspürte Trägheit verantwortlich sind.
Auch, wenn es Ihnen vielleicht schwerfällt: Sie sollten sich dann nicht den Fehler machen, die Müdigkeit einfach zu akzeptieren – im Gegenteil: Das beste Rezept gegen Frühjahrsmüdigkeit ist viel Bewegung und eine gesunde Ernährung.
Wenn Sie also genug Nachtruhe bekommen, sich viel bewegen, dabei auch an die Sonne und die frische Luft gehen und außerdem auf Ernährung, Blutdruck und Durchblutung achten, dann stehen die Chancen gut, dass die kurze Müdigkeitsphase schnell wieder verschwindet.
Ist Frühjahrsmüdigkeit auch ein Thema, mit dem Sie Jahr für Jahr zu kämpfen haben? Wie gehen Sie dagegen an? Haben Sie vielleicht noch andere Tipps, die Sie teilen wollen? Dann schreiben Sie doch einen Kommentar – ich würde mich sehr freuen.
Quellen
- Wirz-Justice, A. u.a. (1979): Seasonality in biochemical determinations: A source of variance and a clue to the temporal incidence of affective illness. Psychiatry Research 1 (1), 53-60.
- Brennan, PJ u.a. (1982): Seasonal variation in arterial blood pressure. British Medical Journal (Clinical Research Edition) 285 (6346), 919-923.
- Stiefelhagen, P. (2015): Schwäche, Antriebslosigkeit, Leistungsminderung – Frühjahrsmüdigkeit oder Eisenmangel? MMW – Fortschritte der Medizin 157 (7), 25.
Hinweis: Die gesundheitlichen Tipps auf dieser Seite können nicht den Besuch beim Arzt ersetzen. Ziehen Sie bei ernsthaften oder unklaren Beschwerden unbedingt Ihren Arzt zu Rate.
